"Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts"

Volker Lüdemann, Leiter des Niedersächsischen Datenschutzzentrum (NDZ) über Smart-Systeme
Nachricht17.02.2017
RvBS
Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Volker Lüdemann, Professor für Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht und Wissenschaftlicher Leiter des Niedersächsischen Datenschutzzentrums (NDZ) an der Hochschule Osnabrück, erklärt im Gespräch mit freiheit.org warum gerade alle auf die "schlauen Systeme" setzen und welche Herausforderungen diese Neuerungen mit sich bringen. 

Roboter, Drohnen und SmartSystems - es gibt bei der größten B2B Messe der Digitalisierung, der CeBIT in Hannover, auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Highlights zu bestaunen. Von welcher technologischen Entwicklung versprechen Sie sich persönlich am meisten?  

Aus meiner Sicht sind es ganz klar die „SmartSysteme“. Es wird geschätzt, dass zukünftig 90 Prozent des Datenverkehrs über diese Systeme abgebildet werden. Drei Bereiche stehen hier im Fokus: Einmal ist es das „SmartCar“: Schon heute sind einzelne Autoteile vernetzt und über Internet steuerbar. Autonom fahrende Autos und LKWs werden getestet. Der zweite Teil ist „SmartHome“, mit dem vernetzten Kühlschrank, vernetzten Rauchmeldern und vernetzten Fernsehern. „E-Health“ ist das dritte Gebiet, das gerade sehr stark im Fokus steht. In diesen Disziplinen wird es in den nächsten zehn Jahren die größten Fortschritte und damit auch die stärksten Datenverarbeitungsprobleme und auch die größten ethischen Probleme geben. Aktuell geht es darum, in den jeweiligen „SmartSystemen“ der erste  Anbieter zu sein. Wer den Zugriff auf die Daten als Erster hat, der hat auch das Geschäftsmodell gewonnen! Ein Beispiel wäre der elektronische Notruf im Auto. Bei einem Anruf gelangt man nicht an die 110, sondern direkt zum Autohersteller oder einem Subunternehmen. Dieser bestellt den Rettungshubschrauber und das Abschleppunternehmen. Der Erste in der Wirkungskette beauftragt die Werkstatt und beeinflusst ggf. auch die medizinische Behandlung. Vorstellbar ist, dass diese Anbieter später Gesundheitspakete anbieten, das heißt: wer die Daten hat, macht auch das Geschäft! Deshalb konzentrieren sich alle auf die „Smart-Systeme“. Drohnen und Co. sind die nachgelagerten Weiterentwicklungen.

Vernetzte Küchengeräte, autonomfahrende Autos und Wearables, die den Gesundheitszustand tracken - beim Internet of Things geht es fast immer um sensible und persönliche Daten.  Welche politischen Bedingungen werden gebraucht, damit Technologien eine langfristige und effiziente Lösung bieten?

Zu betonen ist, dass gerade bei den „SmartSystemen“ das rechtliche Schema fehlt. Die europäischen Politiker fordern die "Digitalisierung", aber sie haben den Rechtsrahmen und die Basis nicht gelegt. Ich sehe momentan weder eine Strategie der EU noch geeignete Rechtsinstrumente. Es gibt immer ein Stückwerk, aber es ist keine in sich abgestimmte Grundlage. Es ist nicht geklärt, wem die Daten gehören und wer die Verfügungsmacht über die Daten hat. Diese ungeklärte Situation führt momentan zu einer „Wild West Situation“ in den „SmartServices“. Ein Beispiel ist das „SmartCar“. Hier beansprucht der Autohersteller das Recht an den Daten, aber auch der Zulieferer der Technik erhebt Anspruch. Wir befinden uns derzeit in einer richtigen Terra incognita.Das ist aus meiner Sicht auch das größte Hemmnis in einer wirtschaftlichen Entwicklung. Die Amerikaner bezeichnen es sogar als "Wirtschaftskrieg". Unsere gesamten Rechte, wie z.B. das Urheberecht oder das Datenschutzrecht passt nicht in die digitale Welt. Diese gehen von analogen Verhältnissen aus. Wenn wir damit glücklich werden wollen gilt: "Analog ist das neue Bio".

 

Deine Daten sind das neue Öl

Das Motto der Messe ist in diesem Jahr "d!conomy", also die zunehmende digitale Vernetzung von Gesellschaft und Wirtschaft. Die sogenannten „SmartGrids“ (Intelligentes Stromnetz) werden als eine Lösung für die Zukunft der Energiewirtschaft angesehen. Sie forschen selber auf diesem Feld. Was ist das Ziel dahinter?

„SmartGrids“ sollen die Netze intelligenter machen und die Nachhaltigkeit in der Energieversorgung fördern. In unserer Forschung haben wir festgestellt, dass die Zulieferer kein „SmartGrid“ brauchen, denn der Aufwand dahinter ist viel zu hoch und zu teuer. Der Fokus hinter den „SmartGrids“ verschiebt sich. Es geht nicht mehr darum, die Energiewende zu schaffen, sondern den Datenzugriff zu haben. Sicherlich ist die Argumentation in der Politik die Nachhaltigkeit zu fördern. Wir brauchen die „SmartGrids“ jedoch nicht zur Netzsteuerung oder zur Steuerung von Wind- und Sonnenenergie. Das halten die Netze aus, sollte es nicht reichen, werden einfach mehr Leitungen gelegt. Der Fokus liegt auf den Daten. Es gibt eine Erweiterung um den „SmartMeter“ (Inteligenter Zähler für Strom und Gas). „Wer die Daten hat, der macht auch das Geschäft“. Wir kennen es alle von Apple. Die Geräte sind verbunden, sie bleiben bei dieser technischen Ausstattung und wenn Apple z.B. jetzt Haushaltsgeräte designt, dann bleibt der Kunde in dieser Welt. Gern verwendet man auch den Spruch: „Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts." Also muss man an der Quelle sitzen, um das große Geld zu machen.