Deportation Cast - Abschiebung in die Fremde – Leben auf der Müllkippe

Bewegend und aufrüttelnd - Theatertour mit dem Jugendclub des TfN
Nachricht06.07.2017Christiane Pitschke
Deportation Cast mit Jugendclub des TfN
Deportation Cast mit Jugendclub des TfN@Jugendclub des TfN

In der Inszenierung geht es um ein junges Roma Mädchen, die mit ihrer gesamten Familie in den Kosovo abgeschoben wird. Eben noch geht sie in Deutschland zur Schule und ist das erste Mal verliebt in einen Mitschüler – plötzlich ist sie im Kosovo, ohne Perspektive. Ihre Liebe ist der Sohn eines Piloten, der selbst Abgeschobene in ihr Herkunftsland geflogen hat. In diese Geschichte spielen Aussagen eines Anwalts, einer Beobachterin einer Hilfsorganisation oder auch einer Sachbearbeiterin in einer Ausländerbehörde mit und es gelingt, was oftmals im Inszenierungen scheitert: Das Politische wird ins Private geholt, abstraktes Wissen wird zu einer berührenden Geschichte. Inszeniert hat das Stück von Björn Bicker die Schauspielerin und Theaterpädagogin Jenny Holzer. Sie ist seit drei Jahren am Theater für Niedersachsen in Hildesheim tätig und setzt in ihrer Arbeit mit dem Jugendclub stets auf politisches Theater. „Wir wollen nicht nur Theater spielen, sondern in den Menschen auch etwas bewegen“, berichtet sie. Noch vor dem Höhepunkt der Flüchtlingszuzüge im Herbst 2016 hatte sie sich mit ihrem Jugendclub für Deportation Cast entschieden. „Für uns alle war die Arbeit an dem Stück  sehr intensiv“, erinnert sich Holzer, die ihr Ensemble mehrere Monate auf die Premiere im Juni 2016 vorbereitet hatte. Theaterhandwerk und politisches Verständnis, das gehört für sie in ihrer Arbeit stets dazu. Das Thema ist aktueller denn je, ein Grund dafür, warum die Rudolf-von-Bennigsen- Stiftung und die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit mit dem Ensemble auf gemeinsame Tour durch vier niedersächsische Städte gegangen ist. 2015 gewannen Jenniy Holzer und ihr Ensemble den Theatervirus-Preis der Gandersheimer Domfestspiele.

Das Göttinger Tageblatt schreibt: “ Energiegeladen konfrontieren acht Darsteller des in Hildesheim beheimateten Jugendensembles die  Zuschauer mit dem Schicksal von Elviras Familie. Sie lassen die Verzweiflung spürbar werden. Und in ständigen Rollen- und Perspektivwechseln verdeutlichen sie, wie komplex das Thema Abschiebung ist. So wie das Theaterstück begonnen hat, endet es auch mit dem Zitat des Grundgesetzes, Artikel 1: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." „Es ist schwer, jeden Abend Selbstmord zu begehen, das rüttelt unheimlich auf“, beschreibt Marlen Fon ihr Seelenleben. Sie ist eine der zehn jungen Schauspielerinnen und Schauspieler. In der anschließenden Diskussion nach Lösungen mit dem Publikum stockt die Stimme der jungen Frau und ihr laufen Tränen übers Gesicht.  „Wir haben keine Lösung parat“, sagt Darstellerin Carla Neddermeier, aber die brauchen sie auch nicht. Mit ihrem Stück regen sie die Zuschauer zum Nachdenken an, über ein Thema, das heute immer noch nach einer politischen Lösung sucht. In Zeiten, in denen das Mittelmeer zum Massengrab wird und täglich Menschen den Weg nach Europa suchen, um eventuell zurückgeschickt zu werden, ist das ein wichtiges Stück. Nicht nur für Jugendliche.