Obama-Mania zur Hannover Messe

Im Gespräch mit Jacob Schrot, Gründer und Ehrenvorsitzender der Initiative junger Transatlantiker, über deutsch-amerikanische Wirtschaftbeziehungen.
Meinung30.04.2016
Wikimedia Commons/ bearbeitet
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Die USA sind 2016 das Gastland der weltgrößten Industriemesse der Hannover Messe, die unter anderem Neuheiten aus den Branchen Maschinenbau und Elektrotechnik zeigt.  Barack Obama kommt nicht allein, mehr als 400 US-Unternehmen machen sich mit ihm auf den Weg über den Atlantik.

Barack Obama kommt und die Messestadt steht still und überschlägt sich gleichzeitig. Die Welt schaut auf Hannover. Die USA haben sich im Zuge ihrer Re-Industrialisierung zu einem höchst attraktiven Geschäftspartner für die Industrie entwickelt und sind etwa für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau mittlerweile Exportmarkt Nummer eins.

Es ist wichtig die transatlantischen Beziehungen genauer zu betrachten. Im Interview mit Jacob Schrot, Gründer und Ehrenvorsitzender der Initiative junger Transatlantiker und Präsident des Verbandes des Deutsch-Amerikanischen Clubs. Schwerpunkt seiner Forschung ist die Zukunft der euro-atlantischen Partnerschaft mit einem Fokus auf transatlantische Freihandelspolitik.

Wie sehen Sie die aktuellen Entwicklungen zu den transatlantischen Beziehungen – politisch, ökonomisch und auch zivilgesellschaftlich?

Ich bemerke eine immer stärkere Entfremdung zwischen den hervorragenden politischen Beziehungen und dem eigentlichen gesellschaftlichen Rückhalt für eine starke transatlantische Partnerschaft. Das rituelle Rezitieren von ‘Ich bin ein Berliner’ und ‘tear down this wall’ kann auf Dauer kein tragfähiges Narrativ für all jene bieten, die den Kalten Krieg und damit die historische Gravität der deutsch-amerikanischen Beziehungen selbst nicht mehr erlebt haben. Eine Allianz mit Zukunft kann sich nicht ausschließlich aus kollektiver Erinnerung schöpfen, sondern muss eine Perspektive für nachwachsende Generationen formulieren. Das ist die Herkulesaufgabe, vor der wir stehen. Ökonomisch ist der euro-atlantische Raum, der ein Drittel des globalen Handels und fast die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsproduktes auf sich vereinigt, eine tragende Säule unseres Wohlstandes. Sicherheitspolitisch ist die NATO auch weiterhin unersetzlich für unsere kollektive Verteidigung.

 

RvBS

Wie schätzen Sie die Beziehungen gerade im Hinblick auf die Wahlen ein? Wie sehen Sie hier die zukünftige Entwicklung eines neuen Präsidenten oder Präsidentin?

Amerika steht zweifelsohne vor einer außenpolitischen Richtungsentscheidung. Hillary Clinton gilt als die Architektin Amerikas ‘Pazifischen Jahrhunderts, jedoch auch als überzeugte Atlantikerin mit ausgezeichnetem Verhältnis zur Bundeskanzlerin. Sowohl Ted Cruz, als auch Donald Trump würden die Vereinigten Staaten durch eine undurchsichtige Mischung aus sicherheitspolitischem Rückzug und punktuellem militärischen Aktionismus international schnell isolieren und von den europäischen Partnern entfremden. 

Verlieren die Beziehungen an Bedeutung? Wir erkennen, dass sich die USA wirtschaftlich wie auch politisch immer mehr Richtung Asien orientieren. Was heißt das konkret für Deutschland?

Die transatlantischen Beziehungen sind auch weiterhin von überragender wirtschaftlicher, politischer und zivilgesellschaftlicher Bedeutung für beide Seiten des Atlantiks. Europa und Nordamerika sind weltweit die beiden Regionen mit der größten Schnittmenge an Interessen. Die Orientierung der Vereinigten Staaten zum südostasiatischen Raum ist dabei in unserem ureigensten Interesse: die Einbindung aufstrebender Staaten in die existierende Ordnung, die Europa und Amerika geschaffen haben, ist für deren Fortbestehen elementar.